Rede vs „rock the stage“ – Widerspruch oder nicht?
Felix Plötz hat neulich im Interview mit t3n auf den Punkt gebracht, worum es bei einer Keynote geht, für mich sogar, worauf es zwingend ankommt. Ich erlaube mir also, ihn zu zitieren:
„Es geht immer auch um etwas Größeres. Etwas, das Sinn stiftet. Jeder gute Redner möchte eine Botschaft verbreiten.“
Das Große, Sinn stiftende ist für mich mehr als das bloße aneinanderreihen von Fakten, es braucht immer etwas aus tiefstem Herzen, etwas wofür ich brenne, etwas, dass ich leidenschaftlich verfolge und vertrete.
Darüber auf der Bühne vor Publikum – wie letzte Woche bei HOBART und diese Woche bei EnBW – zu sprechen, bedeutet ein Stück von mir zu zeigen und zu geben. Und hier steckt für mich der Widerspruch zu einer „klassischen Rede“.
Ich war nicht eingeladen, in einer Rede Fakten zum digitalen Wandel vorzutragen, vielmehr war meine persönliche Meinung zu den Chancen und Risiken gefragt. Ich sollte das Publikum inspirieren, eine andere Perspektive einzunehmen, Impulse waren gewünscht, ein Aufrütteln, ein Menschen in Bewegung bringen. Das gelingt, wenn es gelingt Menschen zu berühren, wenn es gelingt das Publikum zu überraschen, zu fesseln und zu unterhalten.
Ein reines Vortragen der Fakten, wie sich Kommunikation, Prozesse und Produktion durch den digitalen Wandel verändern, bleibt wenig haften. Was jedoch, wenn es gelingt das Undenkbare zu denken? So zum Beispiel bei HOBART, wo es um Innovationen im Bereich industrieller Spülmaschinen ging. Die Spülmaschine, die ohne Wasser spült, ist die Vision. Was aber, wenn wir künftig gar nicht mehr spülen, sondern unsere gebrauchten Gläser einschmelzen und neue drucken? Das Undenkbare schafft Kontroversen, regt zu Widerspruch an, zu Reibung und damit zu Auseinandersetzung. Jedoch nur, wenn „der da vorne“ auf der Bühne es schafft, Emotionen zu zeigen und anzusprechen. Das gelingt, wenn das wovon er spricht Sinn stiftend ist, wenn er für sein Thema brennt.
Ich bin überzeugt, dass wir die Chancen des digitalen Wandels noch viel zu wenig erkennen, dass wir noch viel zu sehr Getriebene der Technologie und Anwender derselben sind. Wir sitzen wie das Kaninchen vor der Schlange, erstarrt und hoffen, die Folgen mögen spurlos an uns vorbeigehen, die Welt – vor allem die Arbeitswelt – möge bleiben, wie sie ist: berechenbar, vertraut, sicher und vielleicht ein bisschen langweilig.
Das wird nicht der Fall sein, es wird also Zeit in Bewegung zu kommen, Gestalter unserer Zukunft zu werden, eine innere Haltung zu entwickeln.
Und wenn ich bei HOBART und EnBW ein bisschen dazu beitragen konnte, ist das Sinn stiftend. Ich bleibe also bei „rock the stage“ und überlasse die klassischen Reden anderen.